Als EXIST-Team GmbH gegründet und GbR-Vermögen vergessen? Reparatur möglich

Als EXIST-Gründer im Team gründen Sie automatisch eine GbR – dies auch schon vor Gründung der GmbH oder UG. Wenn Sie dies bei der GmbH-Gründung übersehen, drohen hohe Steuernachzahlungen.

Ausgangslage

Am Anfang überwiegt die Freude – das ersehnte Stipendium ist geschafft. EXIST hat das Stipendium bewilligt und die Finanzierung für 1 Jahr ist gesichert. Die ersten Zahlungen sind auch schon geflossen. Und jetzt können Sie und Ihr Team endlich beruhigt mit der Arbeit fortfahren. Die neue Erfindung kann weiter entwickelt und der erste Prototyp gebaut werden.

Wer möchte sich zu diesem Zeitpunkt mit Formalitäten beschäftigen? Es gibt allerdings einiges zu bedenken. Zu diesem Zeitpunkt sind Ihr Team und Sie nämlich bereits eine GbR. Und wenn Sie dies bei den nächsten Schritte nicht berücksichtigen, drohen hohe Steuernachzahlungen.

Dies ist, wie in diesem Bereich erfahrene Steuerberater sagen, auch kein Einzelfall.

Beispiel

Alles läuft gut für die 3 jungen Gründer und ihr Startup aus Darmstadt. Die Finanzierung über EXIST ist gesichert. Die ersten Ergebnisse der neuen innovativen Technik liegen vor. Die GmbH ist auch schon gegründet. Der Vertrieb über den eigenen Online-Shop läuft ebenfalls sehr gut. Nach 3 – 4 Jahren dann die böse Überraschung: Das Finanzamt führt eine Betriebsprüfung durch und kritisiert, dass Geschäfts-idee und Kundenbeziehungen der GbR nicht berücksichtigt worden sind. Ergebnis: Die Gründer müssen persönlich einen sechsstelligen Betrag an Steuern nachzahlen.

Grundstruktur

Um Ihnen das Verständnis der Problematik zu erleichtern, möchte ich Ihnen zunächst die Grundstruktur erläutern.

Das EXIST-Stipendium und dessen Auszahlung wird über die Universität abgewickelt. Mit dieser schließen Sie auch einen separaten Stipendiatenvertrag. Die Universität zahlt Ihnen auch die monatliche Förderung aus. Im Vorfeld haben Sie jedoch bereits eigene Absprachen mit Ihrem Team getroffen. So hatten Sie z.B. vereinbart, dass Sie sich um die Kundenbeziehungen kümmern, Ihre Team-Kollegin das Marketingkonzept entwickelt und Ihr dritter Team-Kollege als erfahrener Programmierer den Quellcode schreibt.

Damit haben Sie – ohne dies zu ahnen – allerdings bereits eine GbR gegründet. Automatisch. Dies ohne einen Gesellschaftervertrag zu unterzeichnen, eine Steuernummer zu beantragen oder einen Notartermin wahrzunehmen.

Um besser verstehen zu können, wie sich eine GbR so schnell und automatisch gründen kann, denken Sie an das Beispiel einer WG. Wenn Sie im Studium zusammen mit zwei Freunden eine WG gründen, haben Sie alleine dadurch bereits eine GbR gegründet. Dies geschieht auch dann, wenn – wie gesagt – Sie sich dessen nicht bewusst sind und Sie nichts unterschreiben.

Nachfolgend stelle ich Ihnen die Struktur noch einmal als Grafik dar.

Unklare Lage bzgl. der Rechte

Die Problematik liegt jetzt darin begründet, dass diese GbR – um in unserem Beispiel zu bleiben – die Urheberrechte an dem von Ihrem Team-Kollegen geschriebenen Quellcode und dem Marketingkonzept halten kann. Wie gesagt, kann – um dies rechtlich zu klären, müssen die Absprachen mit Ihrem Team genau untersucht und analysiert werden.

Wenn die Urheberrechte bei der GbR liegen, und Sie sich dessen aber nicht bewusst sind, wird Folgendes passieren: So führen Sie dann den Termin beim Notar durch, erwähnen dort aber die GbR nicht. Dann läuft das Projekt weiter. Sie präsentieren ihre Erfindung auf Messen, Ihre Kollegen arbeiten weiter am Marketingkonzept und dem Programm. Die GmbH ist mittlerweile auch gegründet.

ABER die Rechte liegen noch bei der GbR. Und damit haben wir eine unklare Rechtslage bzw. eine ungeordnete Situation bei den Rechten. Denn ein Investor wird natürlich darauf drängen bzw. dies im Rahmen einer Due Diligence (Prüfung bei einer Beteiligung) kritisieren, dass die Rechte noch von der GbR auf die GmbH übertragen werden müssen.

Steuerliche Nachzahlungen

Doch damit noch nicht genug – denn unter Umständen drohen empfindliche Steuernachzahlungen.

Folgendes Beispiel soll dies veranschaulichen: die GbR hat in der Zeit vor Gründung der GmbH bereits ordentliche „Werte“ geschaffen in Form einer Geschäftsidee, von Produkten oder einem Kundenstamm. Nach Gründung der GmbH wird dies schlicht und einfach „weitergenutzt“, ohne dass eine vertragliche Vereinbarung über die Nutzung oder den Übergang der Rechte von der GbR auf die GmbH getroffen wurde. Im Zweifel unterstellt das Finanzamt in der Folgezeit, dass sich die beteiligten Personen hierdurch einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft haben und möchte dies besteuern. Wie hoch? Das Finanzamt ermittelt den Wert der sogenannten „stillen Reserven“ bei Gründung der GmbH und besteuert die mit dem jeweiligen persönlichen individuellen Steuersatz – das können zwischen 20% und im Extremfall 45% sein. Dies wären bei einem unterstellten Wert des Startups im Zeitpunkt der Gründung in Höhe von 200.000 € bis zu 90.000 € an Steuern. Auch wenn dies in einer anderen Konstellation deutlich geringer ausfallen sollte, ist in jedem Fall zu viel – denn dies lässt sich durch einfache und saubere vertragliche Regelungen verhindern.

Lösungen

Welche Lösungen gibt es jetzt? Wie kommen die Rechte von der GbR zur GmbH?

Ideal wäre es, dies bei der Gründung der GmbH direkt zu berücksichtigen (sehen Sie hierzu mein EXIST-Informationsblatt 2). Wenn dies allerdings nicht geschehen ist, ist dies noch kein „Beinbruch“ und kann repariert werden.

Möglichkeit 1: einen Kauf- und Übertragungsvertrag zwischen der GmbH und der GbR zu schließen und die Vermögensgegenstände zu übertragen.

Möglichkeit 2: eine Sachkapitalerhöhung bei der GmbH durchführen; bei dieser werden dann die Anteile der GbR in die GmbH eingebracht.

Bei der ersten Möglichkeit, dem Kauf- und Übertragungsvertrag, ist es wichtig, dass sämtliche Vermögensgegenstände und Verpflichtungen einzeln aufgeführt und übertragen werden. Entscheidender Punkt ist hier die Höhe des Kaufpreises. Hier ist es wichtig, dies zusammen mit einem Steuerberater zu erarbeiten und „abzuklopfen“ – dies auch in Vorbereitung einer möglichen Diskussion mit dem Finanzamt.

Die zweite Möglichkeit, die Sachkapitalerhöhung, ist deutlich umfangreicher. Insbesondere bedarf es eines Beschlusses zur Kapitalerhöhung, der vor einem Notar zu beschließen ist. In diesem wird auch der Gesellschaftsvertrag geändert. Darüber hinaus bedarf es eines Einbringungs- bzw. Übereignungsvertrages, einer Handelsregisteranmeldung, der Erklärung, wer die neu geschaffenen Anteile übernimmt, einer Gesellschafterliste und eines Sacheinlageberichts.

Entscheidend ist auch hier der Wert der GbR-Anteile. Dies ist durch das Gutachten eines anerkannten Wirtschaftsprüfers nachzuweisen.

Tendenziell kann man sagen, dass die erste Möglichkeit immer dann vorzugswürdig ist, wenn das Startup noch über keine relevanten Vermögenswerte verfügt. Dabei muss aber immer Ihre konkrete Situation analysiert werden und die rechtlichen und steuerlichen Konsequenzen für Ihr Startup heraus-gearbeitet und abgewogen werden. Nur so lässt sich die für Ihr Startup bestmögliche Lösung finden.

Fazit

Wichtig ist, dass Sie sich bei der Gründung mit EXIST-Mitteln frühzeitig von einem in diesem Bereich erfahrenen Rechtsanwalt und Steuerberater beraten lassen. So können Sie die GbR schon bei der Gründung der GmbH berücksichtigen. Dies ist auf jeden Fall der günstigere Weg.

Wenn Sie die GbR aber übersehen haben, ist das „Kind noch nicht in den Brunnen gefallen“, sondern die Situation kann repariert werden. Dies sollten Sie aber unbedingt tun und das Problem auf keinen Fall ignorieren oder gar aussitzen.

Gerne unterstütze ich Sie dabei, eine für Ihr Startup günstige Lösung zu entwickeln und setze diese gemeinsam mit Ihnen um. Ich kann hierbei auch die Punkte mit Ihrem Steuerberater koordinieren bzw. kann Ihnen einen in diesem Bereich erfahrenen Steuerberater empfehlen.

Weitere Informationen zum Thema finden Sie hier.